Emotionale Erfahrbarkeit durch audiovisuell gestaltete Daten

Bereits im Rahmen meines Intermediates an der Köln International School of Design habe ich mich mit der Problematik beschäftigt, dass wir durch eine Datenflut, meist zwar vereinfacht visualisiert durch Informationsgrafiken, viele evtl. relevante Informationen nicht mehr aufnehmen, da diese routiniert und daher uninteressant scheinen. Im Hinblick auf die Tatsache, dass das Ohr einen zehnfach größeren Wahrnehmungsbereich besitzt als das Auge, habe ich mit Erkenntnissen der Sonifikation, dem „akustischen Pendent zur visuellen Repräsentation wissenschaftlicher Daten“ (Andi Schoon, Axel Volmar 2012:10), Ansätze für neue Konzepte und Herangehensweisen erarbeitet, wie man die klassische, visuelle Informationsgrafik (Kreis-, Kurven- und Säulendiagramm), die sich bereits als eine bewährte Methode erwiesen hat, auditiv darstellen kann. Daraus konnte unter anderem die Erkenntnis gewonnen werden, dass das Feld der Sonifikation zwar alternative Darstellungspotentiale bietet, diese jedoch aufgrund unserer visuell geprägten Kultur nur bedingt zugänglich sind. So liegt eine Kombination von Sonifikation und Visualisierung nahe, wie es bereits Thomas Hermann, Mitglied der ICAD (Vgl. ICAD, International Community for Auditory Display), feststellte:

„Die Frage ist, wie man Visualisierung und Sonifikation miteinander koppeln kann, so dass es Menschen besonders leichtfällt, die beiden Informationskanäle auch mental miteinander zu verbinden, und es zu einem echten Mehrwert in Bezug auf die Qualität der Wahrnehmung kommt.“ (Thomas Hermann 2009:83)

Den sog. „echten Mehrwert“ sehe ich insbesondere in der Vermittlung einer emotionalen Betroffenheit, wie sie eben durch den Einsatz von audiovisuellen Reizen oftmals hervorgerufen wird (s. dazu Kapitel 1) und die der routinierten, einseitigen und vielleicht auch immer leichtfertiger werdenden Betrachtung von Daten entgegenwirken könnte. Emotionen, aus dem lateinischen „emovere“ (Emovere : Deutsch » Latein | PONS) kommend mit der Bedeutung „hinaustreiben, herausbewegen“, sind nach Damasio die Grundlage unserer Gefühle, die sich im Gegensatz zu diesen nicht versteckt und ungesehen, sondern extern und offen abspielen. (Vgl. Damasio 2003:28–30) So dienen sie als Schnitt- und Kommunikationsstelle zwischen unserem Inneren und Äußeren und ereignen sich größtenteils unbewusst:

„[…] emotions are bioregulatory reactions that aim at promoting, directly or indirectly, the sort of psychological states that secure not just survival but survival regulated into the range that we, conscious and thinking creatures, identify with well-being. […] The processing of the stimulus may be conscious or nonconscious, but in either case the responses are produced automatically.“ (Damasio 2004:50)

In einem nächsten Schritt soll im Rahmen dieser Arbeit ermittelt werden, inwiefern Daten durch die Einbindung von Bild und Ton an einem emotionalen Wert gewinnen können. Die Arbeit gliedert sich dazu in drei Hauptteile. Im ersten Teil geht es darum, die typologischen Unterschiede von Sehen und Hören, Bild und Ton ausfindig zu machen. Dazu werden zunächst die Sinnesmodalitäten im Einzelnen betrachtet, um im Anschluss die synergetischen Potentiale ausfindig zu machen. Kenntnisse der Kognitiv- und Filmwissenschaft sollen hier interdisziplinäre Ansichten bieten. Es stellen sich die Fragen nach den Wahrnehmungsqualitäten von Bild und Ton, von Sehen und Hören, sowie deren multisensorischem Potential. Was bedeutet es, nur zu sehen, nur zu hören gegenüber zu sehen und zu hören?

Im zweiten Teil gilt es, bereits bestehende Theorien ausfindig zu machen, die durch den Einsatz von visuellen und/oder auditiven Reizen die emotionale Wahrnehmung beeinflussen. Hier wird zunächst die Theorie der Atmosphäre innerhalb der Neuen Ästhetik nach dem Philosophen Gernot Böhme betrachtet. Die von Murray Schafer definierte und geprägte Soundscape, wird daraufhin hinsichtlich ihrer Potentiale und Eigenschaften erforscht. Weiterführend wird das menschliche Gesicht als Emotionsträger aus Standpunkten der Psychologie und Filmwissenschaften untersucht, um die Erkenntnisse anschließend in einem dritten Kapitel hinsichtlich der Fragestellung, der Potentiale der Emotionalisierung von Daten, zusammenzuführen.
Das vierte Kapitel schließlich dient einem Ausblick auf eine Möglichkeit der praktischen Ausarbeitung der in diesem Proposal fundierten Kenntnisse.

Die vorliegende Arbeit stellt einen ersten Teil meines Bachelorprojektes dar und bietet als Proposalarbeit die Möglichkeit, einen geeigneten Theorierahmen für die praktisch ausgearbeitete Final Thesis zu fundieren. Sie kann in Kombination mit meiner zweiten Proposalarbeit, welche die Sonifikation im Rahmen von Rauminstallationen behandelt, als Konzeptionsgrundlage betrachtet werden.

Bachelor Proposal Arbeit, 2019

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